Kollapsleugnung, „Kognitive Dissonanz“ und „Unrealistischer Optimismus“

„Kognitive Dissonanz bezeichnet in der Sozialpsychologie einen als unangenehm empfundenen Gefühlszustand, der dadurch entsteht, dass ein Mensch unvereinbare Kognitionen hat (Wahrnehmungen, Gedanken, Meinungen, Einstellungen, Wünsche oder Absichten). Zwischen diesen Kognitionen können Konflikte („Dissonanzen“) entstehen. Da Dissonanz als unangenehm empfunden wird, versuchen Personen, die Kognitionen in Einklang zu bringen, um den negativen Gefühlszustand zu beenden.“(1)
Wenn die Gefahr von zukünftigen negativen Ereignissen betroffen zu sein unterschätzt wird, spricht man in der Psychologie von „unrealistischem Optimismus“. Dieser Einschätzungsfehler ist sehr grundlegend und kann über alle Altersgruppen und Kulturen hinweg beobachtet werden. In wissenschaftlichen Studien konnte man häufig feststellen, dass, wenn man Personen nach ihrem Erkrankungsrisiko befragte, sie dies im Mittel geringer einschätzten als das ihrer Peers.(2)
Wie verhalten sich diese Mechanismen aber bei einer andauernden und existenzbedrohenden Gefahr wie der Klimakrise oder dem gesellschaftlichen Kollaps? Können unrealistischer Optimismus und kognitive Dissonanz zu festen Denkmustern werden und inwiefern können kollektive und gesellschaftliche Prozesse diese Mechanismen sogar noch verstärken? Leider sind mir bisher keine Studien bekannt, die darauf eine eindeutige Antwort geben können.
Ein prominentes Beispiel für die Funktionsweise dieser Mechanismen könnte Prof. Hans Joachim Schellnhuber der ehemalige Direktor des Potsdam Instituts für Klimafolgenforschung sein. Er beschäftigt sich seit vielen Jahrzehnten mit der Klimakrise und weiß vermutlich wie kaum ein anderer, wie es um die Zukunft unseres Planeten bestellt ist. Von ihm stammt folgender Satz: „Ich sage Ihnen, dass wir unsere Kinder in einen globalen Schulbus hineinschieben, der mit 98-prozentiger Wahrscheinlichkeit tödlich verunglückt.“(3) Schellnhuber scheint sich also der Aussichtslosigkeit, den Klimakollaps noch verhindern zu können, bewusst zu sein. Auf der anderen Seite gründete er kürzlich die Initiative „Bauhaus der Erde“, welche sich als Keimzelle einer globalen Bewegung sieht, die das Ziel hat, die gebaute Umwelt in den nächsten Jahrzehnten nachhaltig zu transformieren.(4) Wie ist es möglich beides psychisch miteinander in Einklang zu bringen?
Ich habe mich immer gefragt, warum es mir im Gegensatz zu vielen anderen Menschen möglich zu sein scheint, die Gefahr eines gesellschaftlichen Kollaps wahrzunehmen und mich langfristig bewusst damit zu beschäftigen. Mit dem Fokus auf der Funktionsweise des unrealistischen Optimismus und der kognitiven Dissonanz, könnte die Antwort ganz banal sein. Vielleicht habe ich die Zeitachse der Existenzbedrohung nur verschoben. Ich betrachte einen gesellschaftlichen Zusammenbruch zwar für unausweichlich, halte aber an der Hoffnung fest, die Zeit nach dem Zusammenbruch noch in einem positiven, solidarischen Sinne gestalten zu können. Doch wie wahrscheinlich ist diese Vorstellung wirklich? Diese Gedanken machen mir Angst und ich merke wie ich beginne abzuschweifen. Zum Glück weiß ich aber auch, wie ich mich schnell wieder beruhigen kann.

Quellen:

(1) https://de.wikipedia.org/wiki/Kognitive_Dissonanz (abgerufen am 08.01.2022)

(2) https://refubium.fu-berlin.de/bitstream/handle/fub188/4701/04_Kap4.pdf?sequence=5&isAllowed=y (abgerufen am 08.01.2022)

(3) https://www.youtube.com/watch?v=5UKySSUv8QI (abgerufen am 08.01.2022)

(4) https://www.bauhausdererde.org/ (abgerufen am 08.01.2022)

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