Lässt sich der Zeitpunkt eines gesellschaftlichen Zusammenbruchs überhaupt vorhersagen?

Je einfacher und abgrenzbarer die Gebiete sind, auf die sich Vorhersagen beziehen, desto genauer sind auch deren Ergebnisse. Da unsere Gesellschaft allerdings ein hochkomplexes System ist, scheint jede Vorhersage zwangsläufig zum scheitern verurteilt zu sein. Wir dürfen nun aber nicht den Denkfehler begehen zu glauben, dass nur, weil sich der exakte Zeitpunkt des Zusammenbruchs nicht vorhersagen lässt, sich damit auch die Wahrscheinlichkeit seines Eintretens verringern wird oder er sogar ganz ausbleiben könnte.

Das bekannteste Modell zur Vorhersage unserer Zukunft, welches auch nach 40 Jahren kritischer Überprüfungen mit realen Daten immer noch gültig ist, ist das Modell World3, welches als Grundlage des bekannten Berichtes „Die Grenzen des Wachstums“ des Club of Rome diente. Die wichtigste Botschaft dieses Berichts ist: Wenn man davon ausgeht, dass es physische Grenzen des Wachstums für unsere Welt gibt, dann ist ein allgemeiner Zusammenbruch unserer thermo-industriellen Zivilisation mit größter Wahrscheinlichkeit während der ersten Hälfte des 21. Jahrhunderts zu erwarten. Die neueste Datenaktualisierung aus dem Jahr 2021 stammt von der Nachhaltigkeitsforscherin Gaya Herrington. Ihre Studie ergab, dass die aktuellen empirischen Daten weitgehend mit den Projektionen von 1972 übereinstimmen und dass das Wirtschaftswachstum bis etwa 2040 seinen Höhepunkt erreichen und dann rapide zurückgehen wird, wenn keine größeren Veränderungen beim Ressourcenverbrauch vorgenommen werden.
Ergänzung: Wissenschaftler*innen der Technischen Hochschule Köln veröffentlichten im November 2023 ein Paper, in welchem die Eingabeparameter des Modell World3-03 aus dem Jahr 2005 geändert wurden, um sie besser an die empirischen Daten zur weltweiten Entwicklung anzupassen. Dies führte zu einer Simulation, die in der kommenden Dekade den gleichen Überschreitungs- und Kollapsmodus zeigt wie das ursprüngliche Business-as-usual-Szenario. Es zeigt auch, dass wir beispielsweise in den Bereichen Lebensmittelproduktion und Wirtschaftsleistung in den nächsten Jahren mit einem dramatischen Rückgang rechnen müssen.

„Es ist zu spät für die nachhaltige Entwicklung, man muss sich auf die Zusammenbrüche vorbereiten und in der Not kleine Systeme der Resilienz aufbauen“ Dennis Meadows, Mitverfasser des Berichtes „Die Grenzen des Wachstums“ von 1972


Quellen:

(1) Herrington, Gaya (2021). „Update to Limits to Growth: Comparing the World3 Model with Empirical Data“ Unter: https://advisory.kpmg.us/content/dam/advisory/en/pdfs/2021/yale-publication.pdf (abgerufen am 26.12.2022)
(2) Servigen, Pablo, Stevens, Raphael (2022): „Wie alles zusammenbrechen kann – Handbuch der Kollapsologie“. Wien, Berlin: mandelbaum kritik & utopie.
(3) Nebel, Arjuna et al. (2023): "Recalibration of limits to growth: An update of the World3 model". Unter: https://www.researchgate.net/publication/375610074_Recalibration_of_limits_to_growth_An_update_of_the_World3_model (abgerufen am 27.01.2024)

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